Ich mache mich nackig (IMHO)

Wer jetzt hofft, eindeutige Bilder meines Luxuskörpers zu erhalten, wird enttäuscht sein. Die Eigenschaft "nackig" bezieht sich nicht auf den Körper, sondern vielmehr auf das "Sein". Oder besser gesagt, auf das "Digitale Sein".



Der Glaube und die Politik

Google hat es in Deutschland nicht leicht, besonders die Politik ereifert sich gerne, um den Datenschutz hoch zu halten. Google wird dabei als der Satan des Datenschutzes vorgeführt. Besonders die Politiker, die nicht genügend Aufmerksamkeit auf sich bündeln können, marschieren in diesem Protest vorne weg. Mit Windows 10 möchten einige Microsoft gerne als den Erzengel in dieser Riege aufstellen. Dies ist und bleibt ein netter Versuch. Apple hingegen kämpft anscheinend vehement für einen Datenschutz und Tim Cook weiß dies immer zu betonen, dass Apple nicht in dieser Riege mitspielt. Wer dies glaubt, soll selig werden. Facebook konnte sich langsam aus diesem Gruppen kuscheln befreien, so dass der Fokus nur ab und an dorthin fällt.

Das Wesen des Internets

Bei dieser Zusammenstellung fehlt die Betrachtung, dass das Internet nie dazu konzipiert wurde, vergesslich zu sein, Anonymität oder Privatsphäre zu fördern (zumindest nicht für die Administratoren von Servern), Inhalte ungeteilt irgendwo auf Rechnern vergammeln zu lassen oder Kommunikation im Keim zu ersticken. Dass nun einige Firmen daraus Profit generieren, hätte innerhalb einer kapitalistisch geprägten Welt vorherzusehen sein.
Im Internet gibt es keinen Datenschutz. Dies ist eine Erkenntnis, die ich lernen musste.

Der Glaube und die Massen

Dabei haben sich diese Firmen nicht alleine zu diesen Datenkraken gemacht, sondern die Menschen bzw. Nutzer taten ihr Übriges, um sie in diese Riege zu heben. Den Firmen ist gemeinsam, dass diese in ihrer Anfangszeit in den Himmel gelobt wurden. Google hatte sogar vom Lager der Linux-Freunde genügend Befürworter, so dass die Google-Dienste reihenweise nach Linux portiert wurden, ohne dass Google irgendetwas dafür anstellen musste. Microsoft-Produkte wurden willig in die Firmen und Haushalte getragen, so dass es heute nahezu unmöglich erscheint, ohne diese auszukommen. Ähnlich erging es Facebook. Ohne viel zutun, wollten alle dorthin. Nur schwer entzog man sich dieser Kraft. Apple hat es geschafft, eine treue Fangemeinde um sich zu formieren, die jedes Produkt wie den heiligen Gral betrachten.

Ich mache mich nackig, Du machst Dich nackig, Wir machen uns nackig

Nach diesem Vorgeplänkel komme ich zu dem Titel dieses Artikels. Die Nutzer haben diese Firmen zu dem gemacht, was sie sind, weil die Produkte einfach nur praktisch sind und einen Nutzen haben.

Und ich spreche da aus eigener Erfahrung: Die Relativierung des Datenschutzes begann bei mir, als ich die Vorteile einer Cloud erkannte. Meine Unschuld verlor ich ausgerechnet bei Google. Doch die Optik bei Microsoft gefiel mir besser, da ging ich sozusagen fremd. Meinen Kalender kann ich bei Microsoft unterteilen und somit einen mit meiner Frau gemeinsam verwenden, so dass wir uns auf der Ebene bezüglich der Terminplanung absprechen können.
Bloggen und Community (Google+) bewerkstellige ich mit Google. Warum sollte ich Geld für einen Web-Server ausgeben, wenn dies auf diese Weise geht.
Nur am Rande: Und wenn ich meine Webseite von einem Provider hosten lasse, besitzt dieser (einen Teil) meine(r) Daten. Und wenn schon staatliche Behörden Daten weiterverkaufen, wie sieht es da bei Unternehmen aus, die den Datenschützern nicht auffallen. Wenn ich den Server selbst verwalte, muss ich dennoch meine Kontaktdaten an DENIC weitergeben.
Meine Dokumente verwalte ich mit OneDrive, da dies über alle meine Geräte funktioniert. Dies erspart mir irgendeine Sync-Software, die sowieso nicht richtig funktioniert. Und ich habe für mich docs.com entdeckt. Endlich gibt es die Möglichkeit, dass man meine Unterrichtsmaterialien herunterladen und kommentieren kann. Außerdem sehe ich, wie oft das Dokument schon betrachtet wurde.
Ohne Youtube würde ich vermutlich immer noch an verschiedenen technischen Problemen brüten oder meine Erkenntnisse offline mündlich weiter tragen.
Erst heute hat sich gezeigt, dass Google Maps weit vorne ist. Ich wollte nur eine überschaubare Fahrradtour (20 km) über Radwege machen. Findet mal eine App, die dies lösen kann. Google Maps bietet Fahrradwege von sich aus an. Warum sollte ich eine andere App laden.
Apropos Google Maps: zwar verwende ich die Nokia-Variante, aber hätte ich ein Android-Phone, würde ich Google nutzen. Die ist einfach gut (Staumeldung, Öffnungszeiten von Sehenswürdigkeiten, Lokalitäten usw.).
Selbst WhatsApp konnte ich mich nicht entziehen. Ich nutze diesen Dienst nicht mal ein halbes Jahr und schon jetzt weiß ich nicht mehr, wie ich zuvor ohne ausgekommen bin. Die Koordinierung zwischen mehreren Personen klappt, ohne eine Treffen einzuberufen. Und wenn dies notwendig ist, kann man auf doodle (wieder eine Firma, die wie Facebook, sich aus dem Datenschützer-Radar geschlichen hat) zurückgreifen.
Ich nutze diese Angebote und bin froh, dass diese bestehen. Es würde mich wundern, wenn diese Erfahrung nur ich gemacht hätte. Auf der anderen Seite muss man sich eingestehen, dass viele dieser Dienste (Staumeldung bei Google -> Zugriff auf Smartphones) nur so gut funktionieren, weil diese von anderen genutzt werden. Datenschutz oder Privatsphäre gibt es an der Stelle nicht.

Wie in der Urzeit: alles Sammler und Jäger

Ja, man könnte auch Alternativen nutzen. Doch: in diesen Zeiten sind Daten und Informationen über eine Person mit Gold nicht aufzuwiegen. Über Flash, Cookies und andere Methoden werden Benutzerprofile erstellt, die alle Firmen für sich verwenden. Bei Gewinnspielen wollen selbst "seriöse" Firmen zunächst die Daten haben. Behörden verkaufen Daten, um die eigenen Kassen zu füllen. Es existiert keine Firma oder Unternehmen, das keine Daten erfasst, auswertet und weiter verarbeitet. Umgekehrt betrachtet, sind wir an diese Möglichkeit schon so gewöhnt, dass es unlogisch erscheint, dass das Amt A nicht die Daten mit Amt B abgleicht.

Man müsste alle Stecker ziehen, nur noch mit Tauschware bezahlen und jeglichen Anschluss zur "Zivilisation" kappen. Erst dann ist man nicht mehr nackig oder gläsernd, wie man gerne sagt (willkommen in der Urzeit). Da vermutlich niemand in die Urzeit möchte (entspricht umgerechnet in etwa [Internetzeitrechnung] 25 Jahre in die Vergangenheit), ist es eine individuelle Entscheidung, wie viel Nutzen man persönlich aus dieser "Sache" ziehen kann. Bisher sehe ich meinen persönlichen Nutzen als größer an, als die Bedenken, die man bezüglich des Datenschutzes haben kann. Denn gesammelt und gejagt wird auf jeden Fall.

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