Beim Thema „Digitale
Bildung“ scheiden sich die Geister; scheint es hinsichtlich der
Umsetzung im Unterricht zwei Lager zu geben: die Befürworter und die
Gegner. In der genauen Betrachtung finden sich "Gegner" und "Gemäßigte", denn mittlerweile konnten sich differenzierte Sichtweise etablieren.
Auf der Seite der Gegner der Digitalen Bildung scheint sich diese Differenzierung nicht zu zeigen. Vielmehr führen sie die unterschiedlichsten Studien an, um ihre Thesen zu
belegen. Besonders heben sich ab und an
Dr. Phil. Ralf Lankau (im Weiteren L.) und Manfred Spitzer (im
Weiteren S.) hervor.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass eine verstärkte Medienpräsenz beider Personen zu vermerken ist, da regelmäßig neue Publikationen (diesmal von L.) vor der Veröffentlichung stehen. In unzähligen Beiträgen und Interviews vertreten sie die Meinung, dass die Digitalisierung in der Schule, dem Lernprozess eher schadet, als nützt. In der Betrachtung dieser Veröffentlichungen zu diesem Thema vermisse ich eine sachliche Auseinandersetzung.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass eine verstärkte Medienpräsenz beider Personen zu vermerken ist, da regelmäßig neue Publikationen (diesmal von L.) vor der Veröffentlichung stehen. In unzähligen Beiträgen und Interviews vertreten sie die Meinung, dass die Digitalisierung in der Schule, dem Lernprozess eher schadet, als nützt. In der Betrachtung dieser Veröffentlichungen zu diesem Thema vermisse ich eine sachliche Auseinandersetzung.
In der Telepolis "Technologie in unseren Schulen schadet mehr, als sie nützt" (07.07.17)
erschien ein Interview mit L., das aufgrund des offenen Briefes von
L. und Co. geführt wurde. Beide Beiträge dienen mir als Grundlage, um
exemplarisch die mangelnde Sachlichkeit im Umgang mit diesem Thema
von L. und Co. darzustellen.
Eine kleine
Textanalyse
Bei der Analyse des
Interviews konzentriere ich mich auf einige Aspekte, die nach meiner
Ansicht besonders auffällig sind. Nach der Betrachtung dieser
kritischen Auseinandersetzung lohnt sich ein Blick auf den offenen
Brief, da einige Parallelen erkennbar sind.
In diesem Interview
äußert sich L. zum offenen Brief. Bezeichnend sind die einleitenden
Worte. Sie bauen eine bedrohliche Kulisse auf:
„Im Oktober 2016 hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka den Digitalpakt#D angekündigt. Was zunächst positiv klingt - 5 Milliarden Euro für Schulen -, erweist sich als Trojanisches Pferd, denn dieses Geld darf ausschließlich für Hardware ausgegeben werden.
Am 1. Juni 2017 hat nun die Kultusministerkonferenz den "Schulpakt Digital" verabschiedet und ordnet sich den Berliner Vorgaben komplett unter. Eine falsche Entscheidung, werden doch nur Partikularinteressen der IT-Wirtschaft und der Arbeitgeberverbände bedient. Auch wird damit die grundgesetzlich verankerte Methodenfreiheit der Lehrenden missachtet. Und vor allem ist es weder pädagogisch noch bildungspolitisch zu begründen, Geräte der Unterhaltungsindustrie verpflichtend in den Unterricht zu integrieren.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Der Begriff
„Trojanisches Pferd“ suggeriert eine Gefahr. Im Nachsatz vermutet
man, dass mit dieser „List“ auf die IT-Wirtschaft verwiesen wird,
da der Hinweis, dass man das Geld für Hardware ausgibt, als
„Täuschungshinweis“ unverständlich wirkt. Denn mit keinem Satz
versprach die Ministerin etwas anderes. Eher ist es einleuchtend, dass das
Geld in erster Linie für Hardware ausgegeben wird. In näherer
Betrachtung wirkt der Vorwurf einer List der IT-Wirtschaft
konstruiert, da ein Umbau der IT nur mit ihr möglich ist. Vermutlich
scheint L. mit diesem Satz zu implizieren, dass das KMK eine unnötige
Entwicklung vorgibt, wobei dann die Begründung fehlt. Ebenso besteht die Variante, dass ausschließlich
eine Drohkulisse konstruiert wird, um Angst zu schüren. Dass diese Vorgehensweise im
Rahmen des Möglichen liegt, zeigt ein Beitrag "Digital 0.0" von S., indem er zu Beginn seines Beitrages einen
ähnlichen „Spannungsbogen“ verwendet, der im Grunde keine
Verbindung zum eigentlichen Thema erkennen lässt.
Zusammenfassend ist
der erste Beitrag eine Ansammlung von Behauptungen. Es erschließt
sich mir nicht, aus welchen Gründen der "Schulpakt Digital"
mich als Lehrkraft in meine Methodenfreiheit einschränkt, da es mir
freigestellt ist, ob und wie ich diese verwende. Außerdem wage ich
zu bezweifeln, dass eine Methodenfreiheit im Grundgesetz verankert
ist.
Argumentativ bringt
L. die OECD in Stellung. Neben der PISA-Studie führt er Andreas
Schleicher an, um zu Belegen, dass von kompetenter Seite die
Digitalisierung der Bildung negativ betrachtet wird.
„`Wir müssen es als Realität betrachten, dass Technologie in unseren Schulen mehr schadet als nützt.´“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Ein Zitat, das aus
dem Zusammenhang gerissen ist, als Beleg heranzuführen, ist in der
Regel unzureichend. Der angegebene Verweis im Interview führt nicht
zur primären Quelle dieses Satzes, so dass die Beurteilung und
Gewichtung dieser Äußerung schwierig ist. Grundsätzlich erscheint es
unwahrscheinlich, dass aus einer Studie, die mehrere hundert Seiten
umfasst, dieses Zitat am Ende übrig bleibt. In einem Beitrag der FAZ "Noch ein Pisa-Schock" (16.09.15)
lässt sich erahnen, was eigentlich gemeint ist. Zwar zeigt die
Auswertung der Studie ein ernüchterndes Bild zur Digitalisierung der
Bildung, von einem Resultat, dass dieser Schritt keinen Nutzen
bringt, ist nichts zu lesen. Vielmehr betont die Studie, dass die
„Neuen Medien“ ihre Stärke „im spielerischen Zugang zu Wissen,
die personalisierte Ausbildung und das kooperative Lernen“
(Küchemann, 2015, FAZ) haben. Aus diesem Grund liegt der Schluss
nahe, dass Schleicher verfälscht wieder gegeben wird, denn die
Studie weist ein sehr differenziertes Bild auf.
Die passende Studie zum obigen Zitat findet sich auf der Webseite der OECD
(deutsche Fassung; deutsche Zusammenfassung).
Diese bietet die Möglichkeit, kritisch den Einsatz von digitalen
Medien zu betrachten. Dieses Potenzial schöpft L. nicht aus. In der
Beurteilung der Ergebnisse aus der Studie wäre für mich
interessant, inwiefern bei den Einsätzen der digitalen Medien ein
pädagogisches Konzept vorlag. Wenn dies in den meisten Fällen nicht
vorhanden war, relativieren sich die Ergebnisse.
In diesem
Zusammenhang empfinde ich es bedenklich, dass laut der Studie
Schülerinnen und Schüler aus sozial schwachen Schichten, die
digitalen Medien weniger „sinnvoll“ nutzen, als Schülerinnen und
Schüler aus bessergestellten Schichten. Daher betont die Studie,
dass die Schule einen Beitrag leisten muss, um die Schülerinnen und
Schüler einen kritischen Umgang mit den Medien zu lehren. Zwar
verweist L. und Co. auf diesen sozialen Zusammenhang in anderen
Beiträgen und Artikeln, im Gegensatz zur OECD leiten sie daraus ab,
dass Digitale Medien keinen Platz in der Schule haben sollten.
Als weiteren Beleg
führt L. die Hattie-Studie an, wonach die digitalen Medien keinen
Mehrwert für den Unterricht haben. In der näheren Betrachtung
stellte die Hattie-Studie fest, dass der Erfolg eines digitalisierten
Unterrichts an der Lehrperson gekoppelt ist. Ist eine Lehrkraft mit den digitalen Medien vertraut, profitieren davon die Schülerinnenund Schüler. Somit ist diese Studie ein Beleg dafür, die Ausbildung
der Lehrkräfte hinsichtlich der digitalen Medien auszubauen.
„Auf Seite 78 von "Bildung 2030" wird eine Studie zitiert, der zufolge hiesige Grundschulkinder, die mindestens einmal wöchentlich Computer im Unterricht nutzten, in den Domänen Mathematik und Naturwissenschaften sogar statistisch signifikant niedrigere Kompetenzen aufwiesen als diejenigen, die seltener als einmal pro Woche mit dem Computer hantierten.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
An der Stelle
erschließt sich mir nicht, aus welchen Gründen nicht direkt auf die
Studie Bezug genommen wird, sondern auf diese Sekundärliteratur
verwiesen wird, denn außer dieses Satzes findet sich in dem
aufgeführten Beitrag kein weiterer Hinweis für den geringen Nutzen
von digitalen Medien. Diese Studie muss vorliegen, da L. an anderer
Stelle ebendiese Autoren des Betruges bezichtigte
und sich dafür auf die Studie bezog.
Am Ende ist und bleibt es ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat.
L. zieht neben den
Studien Einzelfallstudien heran.
„Wer das behauptet, hat weder an der Kreidetafel noch am Smartboard gearbeitet. In der Tat ist der Unterschied in etwa so groß wie beim Entwerfen auf Papier oder dem Arbeiten an einer Glasscheibe, also einem Touchscreen. Werkzeug und Material haben immer Auswirkung auf den Gestaltungsprozess. Zeichnen oder Schreiben am Smartboard hat einen anderen sinnlichen Charakter. Die Schrift und ihr Charakter ändern sich. Das kennt jeder ausprobieren, der mit Bleistift, Füllfederhalter oder Pinsel schreibt oder zeichnet. Der Strich ändert sich und damit eine wesentliche Dimension des Ausdrucks. Das Gleiche gilt für das Zeichnen und Malen. Werkzeug und Material haben eigen Qualitäten. Das gilt auch für das Arbeiten an Boards und Touchscreens.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Diese Auflistungen
von subjektiven Empfindungen ergeben keinen Erkenntnisgewinn, da ich
aus meiner Praxis Gegenbeispiele aufführen könnte.
L. verstrickt sich
in Widersprüche. Zum einen behauptet er, dass Kinder intuitiv
digitale Medien zu bedienen lernen, so dass man diese sich alleine
überlassen kann. Zum anderen bemängelt er, dass im Unterricht
Schülerinnen und Schüler für sich ohne Begleitung in einem Thema
recherchieren. Außerdem widerspricht er sich mit dem von ihm gern
zitierten Schleicher. Dieser befürwortet die Integration der
digitalen Medien.
Im Setzen von
willkürlichen Grenzen, ohne dies zu begründen, agiert L.
selbstsicher:
„Der größte Nonsens der Digitalstrategie der Kultusminister ist zu propagieren, Digitaltechnik sollte unterschiedslos in allen Schulformen, allen Altersstufen, allen Fächer zum Einsatz kommen. Wir müssen stattdessen differenzieren und genau unterscheiden, über welche Schulform wir gerade reden, wie alt die Schülerinnen oder Schüler sind, welches Fach unterrichtet wird - und auch von wem. Grundsätzlich kann gesagt werden: Wer Bildungsprozesse ermöglichen will, verzichtet möglichst lange und vor allem in der Grundschule auf Bildschirmmedien.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Inwiefern diese
Strategie Nonsens ist, erschließt sich mir aufgrund dieser Aussage
und dem nachfolgenden Wortlaut nicht.
An einigen Stellen
erweist sich der Wissensstand von L. hinsichtlich des schulischen
Alltages und den gesetzlichen Vorgaben als unzureichend.
Beispiel 1:
„Wer hingegen gleich Programmieren lernt - bei Kindern heißt das: fertige Bausteine am Rechner zusammenschieben -, kann später bestenfalls programmieren - oder auch da nur fertige Bausteine am Rechner zusammen schieben, weil es mit Bibliotheken und Templates immer mehr `Fertigbauteile´ gibt. Das schließt nicht aus, in speziellen Fächern wie Informatik Computer ganz gezielt einzusetzen.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
In keinem Lehrplan
zum Fach „Informatik“ findet sich die Aufforderung, gleich mit
der Programmierung zu beginnen.
Beispiel 2:
„Nach Berechnungen von Andreas Breiter und Kollegen (Uni Bremen) für die die Bertelsmann-Stiftung reicht dieses Geld für gerade einmal 18 Prozent der tatsächlichen Kosten für das Szenario, dass sich fünf Schulkinder im Unterricht einen Rechner teilen müssen, und für nur sieben Prozent, wenn jeder Schüler ein Notebook oder Tablet gestellt bekommt. Demnach müssten die Schulen aus ihrem Budget mehrere 10.000 € bzw. einige 100.000 € in Digitaltechnik investieren - pro Jahr wohlgemerkt. Dadurch werden die Budgets der beteiligten Schulen für Jahre im Voraus für Digitaltechnik verplant - und stehen damit für nicht technikbasierte pädagogische Konzepte nicht zur Verfügung. Die Schulen werden de facto handlungsunfähig.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Die Budgets sind
entsprechend aufgeteilt, so dass Gelder vorhanden sind und nicht
anderweitig verwendet werden können.
Beispiel 3:
„Man muss differenzieren, aber auch Dinge zu Ende denken. Smartboards sind der Türöffner für Digitaltechnik. Dazu kommen dann der Beamer und kurz darauf das Tablet. Entscheidend ist der psychologische Effekte für Lehrkräfte und Schüler/innen. Nicht mehr das Unterrichtsgespräch, der Dialog, steht im Mittelpunkt, sondern ein Gerät. Unterricht heißt hier, der Lehrer oder die Lehrerin macht als erstes den Rechner an und holt Material aus dem Netz. Das können dann die Kinder auch selbst, zumal eine Software berechnet, wer gerade was lernen soll. Der Knackpunkt ist, dass hier eine Medientechnik in den Mittelpunkt rückt, die für das Unterrichten gar nicht notwendig ist.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Diese Aussage hat
keinen Bezug zur Wirklichkeit in der Schule. Der Dialog steht immer
im Mittelpunkt. Ein über den Beamer projiziertes Bild dient als
Gegenstand für ein Gespräch. Ebenso existiert im Unterricht an
deutschen Schulen keine Software, die berechnet, was eine Schülerin
oder ein Schüler lernen soll. Des Weiteren findet im
Unterricht Medientechnik Verwendung, die die Lehrkraft als notwendig
erachtet. Es bleibt unverständlich, wie man voraussetzen kann, dass
unnötige Medientechnik eingesetzt wird. Beispielsweise bleibt ein
SmartBoard ausgeschaltet, wenn man dieses nicht benötigt.
Beispiel 4:
„Wenn ich begeistern kann und das Manuelle Arbeiten anbiete, ziehen nicht nur Grundschulkinder mit. Entscheidend ist aber immer die mentale Präsenz der Lehrkraft, das Fachwissen und die Zugewandheit. Kinder merken, ob man ihnen etwas beibringen will.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Dies deutet auf eine
romantische Vorstellung von Unterricht. Grundsätzlich auf eine
intrinsische Motivation der Schülerinnen und Schüler auszugehen,
ist lobenswert, findet in der Regel keinen Bezug zur Praxis.
Beispiel 5:
„Wenn ich es vereinfacht ausdrücken darf: Wir haben ein körpereigenes Belohnungssystem, das bei positiven Erlebnissen körpereigene Hormone wie Dopamin ausschüttet. Lernprogramme und Computerspiele sind so programmiert, dass wir auf diese kurzfristige Belohnung hinarbeiten, kleine Rückmeldungen bekommen, Bestätigungen und Feedback. Das freut uns, das bekommen wir in kurzen Abständen. Ziel der Programme und Spiele ist es, uns möglichst lange am Bildschirm zu fesseln und dabei Benutzerdaten aufzuzeichnen. Ob wir dabei tatsächlich etwas lernen oder nur Zeit verplempern, ist völlig egal.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Diese Aussage
verleitet mich zum einzigen unsachlichen Satz: diese Herleitung und
dieser konstruierte Zusammenhang ist Schwachsinn.
Beispiel 6:
„Unterricht an Schulen wird ja auch dadurch interessant, dass nicht alle Lehrerinnen und Lehrer den gleichen Unterricht machen und die gleiche (Medien-)Technik einsetzen. Nach den Forderungen der Kultusministerkonferenz zum Digitalpakt Schule sollen aber alle Lehrkräfte für alle Schulen und alle Fächer Digitaltechnik einsetzen müssen. Dabei wird übersehen: Lehrer/innen müssen einfach unterrichten wollen - und dafür brauchen sie Fachwissen und eine für die Lehrpersönlichkeit authentische Methodik, nicht Zwangsdigitalisierung und Zwangsstandardisierung über Fachinhalte hinweg.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Die Aussage, dass
die KMK fordert, Digitaltechnik einsetzen zu müssen, ist faktisch
falsch. Damit erübrigt sich der fortlaufende Satz.
Beispiel 7:
„Nach dem aktuellen Stand sind Daten von Schülerinnen und Schülern an deutschen Schulen nicht ausreichend geschützt. Die Schulen müssten regulär alle vom Netz. Allein, es fehlt der Kläger. Die Daten der Schülerinnen und Schüler an deutschen Schulen dürften rein rechtlich schon heute nicht getrackt, also nicht aufgezeichnet und ausgewertet werden. Hier gilt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es dürfen, ohne Einwilligung der Eltern, auch keine Lernprofile von Minderjährigen erstellt werden. Nur lässt sich das mit Daten im Netz weder einhalten noch kontrollieren.
Daher sollten Eltern sich als erstes für ein deutsches COPPA stark machen, einen Children's Online Privacy Protection Act. Damit kann man die Daten seiner minderjährigen Kinder zumindest rechtlich so schützen, wie es amerikanische Eltern tun, und kann bei Verstoß dagegen klagen. Damit stört man zwar das Geschäftsmodell der IT-Monopole - aber das ist weder ein pädagogisches Problem noch das Problem von Eltern mit Schulkindern.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Die Darlegung des
mangelnden Datenschutzes an Schulen ist nicht nachvollziehbar. Die
digitale Verwertung von personenbezogenen Daten bei Schülerinnen und
Schülern ist in den Bundesländern penibel festgelegt und wird durch
Datenschutzbeauftragte kontrolliert. Das dargestellte Szenario ist an
deutschen Schulen nicht möglich (Beispiel Datenschutzbeauftragten Hessen und Schulverordnung Hessen). Daher müssen sich Eltern nicht
für ein deutsches COPPA stark machen, da eine bessere Umsetzung
vorliegt. Außerhalb der Schule greifen die Datenschutzregelungen,
die in kaum einem anderen Land strenger sind, als in Deutschland.
An verschiedenen
Stellen diskreditiert sich L. selbst. Zum einen ruft er zu einem
Aufstand auf, der eher befremdlich wirkt, denn die Behauptungen, wie
eine Schulleitung bestimmt wird, ist fachlich und faktisch falsch:
„Das erste und wichtigste ist: Schließen Sie sich zusammen. In Deutschland ist es leider üblich zu versuchen, kritische Eltern, Lehrkräfte oder Bürger zu diskreditieren und persönlich anzugreifen. Diskutieren Sie miteinander und mit den Lehrkräften an der Schule ihrer Kinder. Klar ist, dass viele Junglehrer/innen heute auch schon angefixt sind, wenn auch nicht alle.
Klar ist ebenso, dass bei Bewerbungen für Schulleitungen an öffentlichen Schulen in der Regel vom Schulamt nur solche Personen ausgewählt werden, die digitalaffin sind und versprechen, Digitaltechnik an der Schule durchzusetzen. Gehen Sie daher auch mit den Rektor/inn/en und Elternvertretern in den Clinch, die Digitaltechnik in die Schulen drücken wollen. Denn ein Elternteil, der sich widersetzt, reicht, um die Zwangsdigitalisierung zu verhindern.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
An anderer Stelle
widerlegt er eine Aussage nicht, sondern beleidigt die betreffende
Person:
„Man muss nicht alles kommentieren, was Gabriel von sich gibt. Sein technisches Verständnis kenne ich nicht, sein pädagogisches Verständnis ist, nun ja, unterbelichtet.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Dann setzt er seine
„Gegner“ persönlich herab:
„Vielmehr sehen wir hier vermutlich wieder eine typische Abwiegelungsstrategien von Digitalbefürwortern, um sich nicht mit möglichen Folgen beschäftigen zu müssen.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
„Was so alles publiziert wird… Das sind im Wortsinn sinnfreie Vokabeln, die ein vermeintlich modernes Verständnis von Pädagogik nur behaupten, aber nie einlösen können. Der Pädagoge - von griechisch paidagogós - ist vom Wort her `der Führer der Jugend´. Diese Begrifflichkeit mag im Deutschen historisch negativ besetzt sein, das Wort `Führung´ hoffentlich nicht. Denn Eltern und Lehrkräfte haben Führungsaufgaben und Verantwortung.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Ebenso zeigt sich
eine Tendenz zu Verschwörungstheorien:
„Es soll Technik verkauft werden. Die pädagogischen Folgen sind nachrangig. Der Türöffner, um dies durchzusetzen, ist die Angst der Eltern.“ (Lankau, 2017, Telepolis)
Nachtrag
Zusammenfassend
bleibt von dem Interview fachlich und sachlich nicht viel übrig. Ich
werde den Eindruck nicht los, dass es ausschließlich um den Verkauf
der Publikationen geht. Dagegen ist zu halten, dass L. einige Artikel verfasst hat, die auf diese Weise strukturiert sind:
- die Beschwörung einer Gefahr, ohne Zusammenhang zum Thema
- das Zitieren von aus dem Kontext gerissenen Beiträgen.
- die unvollständige Wiedergabe von Studien
- die Diffamierung und Beleidigung von Meinungsgegner
- die Aufstellung von faktisch falschen Behauptungen
Dennoch versuche ich
positive Schlüsse zu ziehen, denn an der Einbindung von neuen Medien
ist nicht alles Gold, was glänzt.
Die Geschichte der
Pädagogik ist gefüllt von Ideologien und Vermutungen rund um das
Kindeswohl. Viele sind gescheitert oder auf den Boden der Realität
verwiesen worden. Gleiches gilt für die Hoffnungen, die sich mit der
Digitalisierung ergeben sollten, wie jüngst ein Beispiel zeigt.
Man erhoffte sich
eine mediale Revolution, da der klassische Weg überholt, ineffektiv
und frontal galt.
Natürlich besteht
die Option, die Digitalisierung komplett aus dem Unterricht zu
verbannen. Dies scheint der logische Schritt zu sein. An der Stelle
sollte von der pädagogischen Geschichte gelernt werden.
Beispielweise versprach man sich von einem „Kooperativen Lernen“
- rein analog durchgeführt – einen höheren Lernzuwachs als mit
dem „klassischen“ Frontalunterricht. Mittlerweile steht fest,
dass die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen liegen, wie ebenfalls
die Haettie-Studie und andere (Vgl. Wellenreuther, Martin: Lehren und
Lernen - aber wie? Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren
und Lernen im Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag
Hohengehren) belegte. Trotz dieser Erkenntnis schuf man die
„Gruppenarbeit“ nicht ab, denn je nach Fach und Thematik eignet
sich diese Methode, um einen Unterrichtsstoff zu erarbeiten.
Eine komplette
digitale Umstellung der Schulen erscheint verfrüht zu sein, dennoch
zeigt sich, dass die „Neuen Medien“ ihre Stärken beispielsweise
ausspielen, wenn Schülerinnen und Schüler eigenständig
recherchieren sollen. Im Mathematikunterricht bewiesen Programme wie
GeoGebra, DynaGeo und Excel, dass über einen digitalen Zugang
mathematische Abläufe und Zusammenhänge besser verstehen lassen.
Dass die Schule ein
Ort sein sollte, an dem der Umgang mit der Digitalen Welt erlernt
werden sollte, bin ich überzeugt. Wir leben in einer digitalisierten
Welt, da sich die Mehrheit der Bevölkerung zu diesem Schritt
entschlossen hat. Die Schule nicht in diese Welt einzubinden ist
grundlegend falsch, denn in der Konsequenz würden in zehn bis
zwanzig Jahren die Schulen Museen aus einer anderen Welt gleichen.
Die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler fände sich an den
Orten nicht wieder.
Dies benennt
ebenfalls die OECD,
obwohl das obige Zitat und der Hinweis von L. ein anderes Bild
suggerieren möchte.
In einer sachlichen
Betrachtung lassen sich die unterschiedlichen Aussagen in vier
Kernaussagen zusammenfassen:
- Ein digitales Medium macht noch keinen guten Unterricht. Erst die didaktische und methodischen Einbindung in den Unterricht lässt dies zu einem Mehrwert werden. Im Fach Mathematik verdeutlicht beispielsweise der Gebrauch von Geogebra geometrische Zusammenhänge, die ansonsten nur durch mehrfaches Zeichnen eines gleichen Gegenstandes zu gewinnen wären.
- Schülerinnen und Schüler benötigen eine Begleitung in der Verwendung der digitalen Medien. Im unterrichtlichen Rahmen erfahren die Schülerinnen und Schüler den Nutzen der Medien, den sie im privaten Umfeld nicht zwangsläufig vermittelt bekämen.
- Aus den vorherigen beiden Punkten ergibt sich die Notwendigkeit, digital Medien in entsprechenden Methoden einzubinden. Zwar bestehen viele Ideen, aber keine umfassenden methodischen Umsetzung. Der Flop der Laptop-Klassen resultiert aus dem Fehlen von Konzepten und der entsprechenden Ausbildung der Lehrkräfte.
- Einher geht die Forderung, die digitale Ausbildung der Lehrkräfte zu fördern und zu begünstigen.
Ich bin davon
überzeugt, dass der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht
notwendig und sinnvoll ist. Dennoch ist die didaktische und
methodische Umsetzung von Bedeutung, denn Medien alleine machen
keinen guten Unterricht. Selbst eine Kreidetafel oder ein Heft
alleine macht noch keinen guten Unterricht. Erst die didaktische und
methodische Einbindung ermöglichten eine sinnvolle Wertschöpfung.
Es gibt einige
weitere Hürden zu nehmen, die ursächlich für das Scheitern der
Digitalisierung sind.
Bisher müssten die
Gegner der Digitalisierung in Deutschland eine intakte Welt
vorfinden, denn Deutschland ist in diesem Bezug eine Wüste.
UPDATE 25.07.17: Im ersten Teil dieses Artikels korrigierte ich den Hinweis zu den "Lagern", da meine nähere Recherche ergeben hat, dass es die absoluten und bedingungslosen Befürworter nicht gibt. Dafür existieren die absoluten und bedingungslosen Gegner. Außerdem korrigierte ich einige Sätze hinsichtlich ihrer Verständlichkeit.
UPDATE 25.07.17: Im ersten Teil dieses Artikels korrigierte ich den Hinweis zu den "Lagern", da meine nähere Recherche ergeben hat, dass es die absoluten und bedingungslosen Befürworter nicht gibt. Dafür existieren die absoluten und bedingungslosen Gegner. Außerdem korrigierte ich einige Sätze hinsichtlich ihrer Verständlichkeit.
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