Eigenständiges Lernen - ein Resümee

In meinem Beitrag "Eigenständiges Lernen - die Beschreibung eines Prozesses" beschrieb ich, wie ich meinen Mathematikunterricht auf ein eigenständiges Lernen umstellte. Ich bemerkte erst mit Schreiben dieses Beitrages, dass mit diesen Projekten das "kooperative Lernen" in meinem Unterricht etablierte.



Nachdem ich nun insgesamt drei Themen (Winkel und Dreiecke, Rationale Zahlen, Terme und Gleichungen) in dieser Form durchführte, denke ich in der Lage zu sein, ein Resümee abzugeben.

Erfreuliches


Leistungen


Im Gesamtbild fielen die Klassenarbeiten im Durchschnitt besser als gewöhnlich aus, obwohl ich die Leistungsanforderungen im Vergleich zum ersten Halbjahr erhöht hatte. Interessanterweise verbesserten sich die Schülerinnen und Schüler, die nach eigenen Aussagen im Fach Mathematik Verständnisprobleme haben. Ebenso zeigte sich, ob die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler ihr Niveau in Bezug auf das Selbstlernen hielten. Die Schülerinnen und Schüler, die grundsätzlich durch Leistungsverweigerung auffielen, verschlechterten deutlich ihre Bewertungen.

Einige Schülerinnen und Schüler haben über das Projekt erkannt, dass Mathe nicht schwer ist und entwickelten einen enormen Ehrgeiz, in den Übungen nicht schlechter als zwei abzuschneiden. Grundsätzlich nahm die Lerngruppe die Übungen gerne auf, um in der Gemeinschaft sich die Themen gegenseitig z erklären. Die Gruppen, die „Sicherheitskopien“ erstellten und austauschten, stellten in der Klassenarbeit fest, dass diese Methode nicht (mehr) zu einem ausreichenden Ergebnis führt.

Kompetenzen


Es schien sich zu bewahrheiten, dass die Festigung des Erlernten eher gewährleistet ist, so zeigte sich beispielsweise beim Thema „Terme und Gleichungen“, dass die Lerngruppe das vorherige Thema „Rationale Zahlen“ darauf anwendeten. Es gelang eine Verknüpfung zwischen den Themen herzustellen.

Außerdem beobachtete ich, dass im Laufe der Zeit die Schülerinnen und Schüler „Abläufe“ und „Erklärungen“ besser erfassten. Dies verdeutlichte sich beim Thema „Terme und Gleichungen“. Die Beschreibung des Algorithmusses bezüglich des Lösens von einfachen Gleichungen eigneten sich die Lerngruppe direkt nach der ersten Darstellung an.

Lehrerbild


Für mich selbst erkannte ich, dass ich mir deutlich mehr Gedanken darüber machte, wie man ein Thema sinnvoll strukturieren sollte. Auf diese Weise lernte ich diese Themen auf verschiedene Ebenen kennenzulernen, denn es gab unzählige Wege und Einteilungsmöglichkeiten, um diese sinnvoll für das „kooperative Lernen“ aufzuarbeiten.

Im Unterricht stellte ich fest, dass die „Einzelgespräche“ „Spaß“ machten, sondern zielführender sind, als an der Tafel nach Formulierungen zu suchen, die eventuell die Mehrheit der Anwesenden erreicht.

Außerdem freut mich, dass ich die Erkenntnis gewonnen habe, dass „Gruppenarbeit“ ebenfalls im Mathematikunterricht möglich ist.  (vgl. [1])

Zwischenfazit

Die Projekte verdeutlichten zwei Aspekte:

  1. Das „kooperative Lernen“ fördert die soziale Kompetenz jeder Schülerin und jedes Schülers. Ich stellte die Entwicklung fest, dass es den Zusammenhalt und die Kommunikation innerhalb der Klasse verbesserte.
  2. Das „kooperative Lernen“ ist enorm leistungsorientiert. Schülerinnen und Schüler, die nicht an den Übungen arbeiteten und die Quellen nicht für sich nutzten, schnitten bei den Klassenarbeiten deutlich schlechter ab, als bei den herkömmlichen Vorbereitungen. Somit lässt dieses System weniger Spielraum, um sich zu einer Leistung „durchzumogeln“.
  3. Das „kooperative Lernen“ passt sich der Lerngeschwindigkeit der Schülerinnen und Schüler an. 

Insgesamt befürworteten die meisten Schülerinnen und Schüler diese Art und Form des Lernens, weil sie selbst das Gefühl hatten, bessere Leistungen erzielen zu können. Trotz dieser Lernart rückt die Rolle der Lehrperson nicht in den Hintergrund. Diese stellt nach wie vor das „Zentrum“ des Geschehens dar, obwohl dies im Unterrichtsgeschehen nicht zwangsläufig auffällt. (vgl. [2])

Selbstkritik


Obwohl ich diese Art des Lernens nach aktuellem Stand anderen gegenüber bevorzuge, ging es nicht ohne eine selbstkritische Entwicklung. Interessanter Weise ergaben sich diese Veränderungen nahezu wie von selbst, da die Lerngruppe ihren eigenen Lernstil entwickelte.

Vor- und Nachbereitung


Interessanterweise verringerte sich mit dem Lauf der Projekte die Bedeutung der Webseiten. Dagegen rückten die Übungstests in den Fokus, somit übten sie „durchgängig“ und griffen ab und zu auf die Quellen zurück. Die Ursache für diese Verschiebung ist mir nicht deutlich geworden. Für mich bedeutete dies, dass ich auf die Art und Weise der Gestaltung der Übungen meinen Schwerpunkt legen musste. Die Webseiten nutzte ich nur, um die Informationen zu aktualisieren. Die Frage steht für mich in Zukunft im Raum, ob die Verwendung einer Lernplattform sinnvoller gewesen wäre.

Meine fünfzehn Minuten an der Tafel zu Beginn eines jeden Themenabschnittes, waren sinnvoll, um einen Einstieg zu geben, schienen dennoch von der Klasse als störend empfunden zu werden. Diese mussten gut vorbereitet sein, weil ansonsten die Gefahr bestand, in den „alten“ Trott zu verfallen.

Der Fahrplan, insbesondere beim Thema „Terme und Gleichungen“ passte teilweise nicht mit den gesetzten Terminen überein, da ich die Feiertage im Mai und die Schultermine zu wenig berücksichtigt hatte.

Disziplin


Man muss aufpassen, dass die Schülerinnen und Schüler diese Art des Lernens nicht als "Freistunde" missverstehen. Ich gebe zu, dass ich diesen Effekt durch die gewährten Freiheiten (Handynutzung, Essen, Trinken und Musik hören) verschärft habe. Ich wollte dennoch nicht auf diese Gestaltung der Lernumgebung verzichten, denn aus meiner Studentenzeit wusste ich, dass ich am produktivsten war, wenn die Umgebung stimmig erschien. Zwar musste ich aus dem Grund disziplinarische Maßnahmen androhen. In der Summe waren diese überschaubar und es blieb jeweils bei den Drohgebärden.

Für mich bedeutete dies auf der anderen Seite die Herausforderung, meine Lerngruppe entsprechend „bei Laune“ zu halten. Dies beinhaltete die Lieferung von Übungen und das zeitnahe Bewerten dieser. Somit musste ich mich selbst disziplinieren und entsprechend strukturieren, was mir nicht zu 100% gelang.

Leistungsbewertungen


In meiner Planung sah ich keine Leistungskontrollen vor, da dies nur zu Druck führte und keinen Gewinn erbrachte. Dennoch fehlte es an Zwischenkontrollen in Form einer mündlichen Beteiligung oder eines Erfassens eines Zwischenstandes. Daher entschied ich mich drei Wochen vor der Klassenarbeit eine Übungsarbeit zum Thema „Rationale Zahlen“ in einer Schulstunde bearbeiten zu lassen. Da dieses Vorgehen die Gefahr birgt, das Bild der eigentlichen Klassenarbeit zu verfälschen, fiel mir die Entscheidung dazu nicht leicht. Aus diesem Grund führte ich diese drei Wochen vor der Klassenarbeit durch, um zum einen zwei Themenbereiche aus dem Thema „Terme und Gleichungen“ mit in die Klassenarbeit nehmen zu können und zum anderen „Zeit“ verstreichen zu lassen. Zufrieden bin ich mit diesem Vorgehen nicht, denn insbesondere das Thema „Rationale Zahlen“ ließ kaum Spielraum, um die Aufgabenstellungen zu verändern.

Das Fehlen der Bewertung der mündlichen Beteiligung kompensierte ich durch die abgegebenen Übungen. Da diese in Gruppenarbeit bearbeitet werden konnten, sind diese nur bedingt zur Bemessung einer Einzelleistung geeignet. Ich bin mir nicht schlüssig, wie ich diesen Einzelleistungen erfassen kann, ohne wiederum auf Leistungskontrollen zurückzugreifen.

In den kommenden Projekten möchte ich den Aspekt der Transferleistungen eine höhere Gewichtung geben. In diesen drei Projekten kam dies nur indirekt über einzelne Aufgabenstellungen zum Ausdruck.

Zwischenfazit


Gute Vorbereitung ist der Schlüssel. Zwar nimmt einen die Beraterrolle während der Unterrichtsstunde nicht so ein, als zu einer herkömmlichen Stunde. Dafür ist die Vor- und Nachbereitung deutlich höher, als zu einer gewöhnlichen Vor- und Nachbereitung. Außerdem verlangt dieses Konzept des „kooperativen Lernens“ eine gewisse Flexibilität, um auf das Lerntempo der Lerngruppe einzugehen.

Hinweis: Die Themen wurden komplett ohne Taschenrechner durchgeführt.

Quellen:

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